Rollstuhl, Scooter & Co.: Was darf im Bus mitfahren?

Zugegeben: Hilfsmittel wie Rollstühle, E-Rollis und Scooter können ganz schön sperrig sein. Vor allem in Bussen stellt sich das immer wieder die Frage, welche Gefährte mitgenommen werden. Die Rechtslage ist da aber eindeutig, wie der Jurist und Journalist Alexander Kretschmar in einem Beitrag für Offenburg barrierefrei erläutert.

Das Sozialgesetzbuch spricht Menschen mit Behinderung ein Recht auf Teilhabeleistungen zu, die notwendig sind, um die Auswirkungen der Behinderung zu mildern. Diese Hilfestellungen sollen ihnen einen Platz in der Gemeinschaft sichern, die ihren Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Eine Teilhabeleistung bezieht sich auch auf die Mobilität.
Denn gerade der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist in Deutschland ein wesentlicher Bestandteil der Lebenskultur. Er soll für alle Menschen gleichermaßen zugänglich und leicht benutzbar sein.
Schwerbehinderte Menschen, deren Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist (z. B. Gehbehinderte) oder die hilflos, gehörlos oder blind sind, haben einen Anspruch auf eine unentgeltliche Beförderung im ÖPNV. Das betrifft Personen, in deren Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen G, aG, H, GI oder BI vermerkt ist. Dieses Recht ist in den §§ 228 ff. des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) verankert.
Nahverkehr bedeutet in diesem Zusammenhang:

    • ÖPNV in den deutschen Verkehrsverbünden
    • außerhalb der Verkehrsverbünde: Omnibusse, S-Bahnen und Straßenbahnen in Deutschland, Nahverkehrszüge der Eisenbahnen, bestimmte Fährverbindungen im Nahverkehr.

E-Scooter im Bus – eine Frage der Sicherheit
Soweit die Theorie. Im Alltag stehen gerade Menschen mit Gehbehinderung vor dem Problem, ob Bus- oder Bahnfahrer ihre Hilfsmittel mitnehmen und transportieren müssen. Während Rollstühle und E-Rollstühle mit Elektroantrieb in der Regel schon immer transportiert wurden, sorgten E-Scooter in der Vergangenheit für heftige Diskussionen, obwohl diese ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V darstellen.

Elektroscooter sind elektrisch angetriebene Fahrzeuge mit Sitz und als Mobilitätshilfe mit bis zu 6 km/h ausgelegt. Bei ihnen bestanden Sicherheitsbedenken seitens der Verkehrsbetriebe – und das nicht ganz zu Unrecht. 2014 kam ein Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Beförderung in einem E-Scooter dessen Nutzer und andere Fahrgäste gefährde, woraufhin viele Nahverkehrsunternehmen die Mitnahme dieser Hilfsmittel untersagten.

Bundesweit einheitliche Regelung
Seit 2017 regelt der bundesweite „Erlass über eine Mitnahme von E-Scootern im O-Busverkehr sowie Linienverkehr mit Kraftomnibussen“ die Bedingungen zur Beförderung. Die entsprechende Mitnahmepflicht soll die bisher geltenden unterschiedlichen Regelungen der einzelnen Bundesländer ablösen und bundesweit gelten.
Die Beförderungspflicht ist an folgende Bedingungen geknüpft:

  • Einen Anspruch auf Beförderung haben E-Scooter-Fahrer, in deren Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen „G“ steht oder die das Fahrzeug von der Krankenkasse verordnet bekommen haben.
  • Die Mitnahmepflicht besteht nur bei vierrädrigen Geräten mit einer Länge von bis zu 1,20 Metern und einem Gewicht bis zu 300 Kilogramm – inklusive aufsitzender Person.
  • Der E-Scooter muss für die Rückwärtsfahrt im Bus geeignet sein und bestimmte Kräfte bei der Beschleunigung des Busses aushalten können.
  • Auch eine zusätzliche Feststellbremse an der Mobilitätshilfe ist zwingend vorgeschrieben.
  • Im Linienbus muss die sichere Aufstellung des E-Scooters gewährleistet sein – und zwar durch einen ausreichend großen Rollstuhlplatz mit einem mindestens 28 Zentimeter überstehenden Haltebügel.

Diese Modelle sind für Busse geeignet
Für die Mitnahme geeignete E-Scooter-Modelle
Hersteller dürfen ihre Elektroscooter künftig mit einem einheitlichen Siegel kennzeichnen. An diesem runden, blauen Kennzeichen erkennen Busfahrer, dass das Modell die Anforderungen für eine Beförderung erfüllt. Beispielsweise sind laut den Herstellern folgende Modelle für den Transport geeignet:
– Meyra: Cityliner 412
– Drive Medical: BL350 Envoy und ST4D
– Kymco: Super-HMV, Poel und Seeland
– Mobilis: M54
– Invacare: LEO

Der E-Scooter TravelScoot entspricht zwar ursprünglich nicht den Bedingungen des Erlasses. Es kann aber befördert werden, wenn die betreffende Person während der Fahrt mit dem Bus nicht in ihm sitzt.

Weitere Informationen zum Thema „Mobil mit Behinderung“ sind auf der Ratgeberseite des Verbands für bürgernahe Verkehrspolitik zu finden. Dort geht es ums Autofahren mit Behinderung genauso wie um die nötige Ausstattung, Umbauten und den Kauf von Autos – speziell auch für Rollstuhlfahrer.

Der Autor dieses Beitrags: Alexander Kretschmar studierte Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin mit Abschluss der juristischen Zwischenprüfung. Danach schloss sich ein Bachelorstudium im Bereich des Journalismus an. Seither kombiniert er seine beiden Interessensgebiete „Recht“ und „Berichterstattung“ und ist als freier Rechtsjournalist für verschiedene Verbände in Berlin tätig.

 

 

6 Gedanken zu „Rollstuhl, Scooter & Co.: Was darf im Bus mitfahren?“

  1. Ich fahre nun schon mehr als 14 Jahren im Rollstuhl. Die erste Zeit gab es immer Schwierigkeiten in der Straßenbahn mit genommen zu werden. Mein Rollstuhl war einer von Mayra Optipus der ging aber nun kaputt und ich musste mir wieder einen neuen kaufen. Das ist von AIO Modell Sofia fährt 6 Km/h und kann zusammengeklappt werden. Da er aber keine 3. Feststellbremse hat trau ich mich Garnichts erst zu fragen ob man mich mitnimmt. Jetzt wollte ich einmal auch eine Busfahrt mit den Reisebus unternehmen aber von wem erfahre ich ob mich überhaupt der Busfahrer mitnimmt. Nicht das ich dann die Reise Bezahlt habe und ich darf nicht mit.

    1. Bei Busfahrten würde ich mich in jedem Fall vorher an das jeweilige Busunternehmen oder die zuständige Verkehrsgesellschaft wenden. Das hat nur Vorteile: Zum einen kann man Details besprechen und die Fahrt beruhigt antreten. Und auch die Reisegesellschaften sind froh, wenn sie Bescheid wissen, damit der Busfahrer sich darauf einstellen kann. Manchmal stehen auch nur eine begrenzte Anzahl an Niederflurbussen zur Verfügung. Aber wenn die Unternehmen rechtzeitig Bescheid wissen, können sie sie entsprechend einplanen. In normalen Reisebussen gibt es ja oft keine Möglichkeiten, Rollstuhlfahrer mitzunehmen. Das alles ist einfach bei uns noch nicht selbstverständlich, da fehlen Standards.

  2. Darf ein Scooter mit 10km/h und Kennzeichen im Öpnv mitgenommen werden? Diese werden ja nicht von der Krankenkasse bezahlt sondern müssen selbst bezahlt werden. Besteht für diese Fahrzeuge eine Mitnahmepflicht?

    1. Leider nicht!
      Das Fahrzeug ich länger als 1,2 m und muß auf der Staße gefahren werden.
      Das schließt eine Mitnahme aus!

  3. Wir sind demnächst mit dem Reisebus unterwegs. Wie ihr sagt, können Scooter ganz schön sperrig sein. Gerade deshalb fragte ich mich, was ich alles mitnehmen kann.

  4. Reisebusse sind in D. nicht auf die Mitnahme von Rollstühlen oder Scooter eingestellt.
    Übrig bleibt nur die Bahn oder ein behindertengerechter Kleinbus.

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